Martín war in der ersten Förderphase Mitglied des SFB 1342 und hat in seiner Arbeit untersucht, welchen Einfluss das koloniale Erbe auf die sozialpolitischen Entwicklungen Mexikos und Argentinien genommen hat.

Martín Cortina Escudero hat am Mittwoch, den 23. November 2023, seine Doktorarbeit erfolgreich verteidigt. Martín war Mitglied des SFB 1342 in der ersten Förderperiode und arbeitete im Projekt International Complementarities in the Development of the Welfare State. The Transatlantic Sphere (1870-2020), geleitet von Philip Manow und Sarah Berens.

Für seine Dissertationsmonographie "Diverging Paths of Social Policy Development in Latin America States: A Case Study on Argentina and Mexico from the Colonial Times to the Early Post-World-War-II Period" untersuchte Martín die internationalen Faktoren, die zu den abweichenden sozialpolitischen Entwicklungen der beiden Länder in der Zeit vom Kolonialismus bis in die 1960er Jahre beitrugen.

Martín ging von der Forschungsfrage aus: "Warum führten ähnliche Pfade zu unterschiedlichen sozialpolitischen Ergebnissen in Argentinien und Mexiko?" Bei seiner Literaturrecherche konnte er keine plausiblen Erklärungen für die unterschiedlichen sozialpolitischen Entwicklungen in den lateinamerikanischen Ländern finden. Daher wählte Martín die Beispiele Argentinien und Mexiko, um seine Hypothese zu testen, dass das koloniale Erbe ein Schlüsselfaktor ist. Er untersuchte historische Dokumente, Parlamentsdebatten und Sekundärquellen, um seine Hypothese zu testen, und wandte dabei einen Methodenmix an, der Process Tracing, Qualitative Comparative Analysis und deskriptive Statistik kombiniert.

Martín zufolge durchliefen Mexiko und Argentinien ähnliche historische Phasen - den Übergang zum modernen Kapitalismus (1810-1910), die Übernahme eines Primärexportmodells (1910-1940) und einen Industrialisierungsprozess mit Schwerpunkt auf der Importsubstitution (1940-1960). Diese Phasen führten bis zu einem gewissen Grad zu einer gewissen Konvergenz in der sozialpolitischen Entwicklung der Länder.

Die kolonialen Hinterlassenschaften beider Länder haben andererseits den Boden für die Unterschiede in ihren sozialpolitischen Systemen bereitet: Mexiko mit seinem Reichtum an Edelmetallen und seiner großen indigenen Bevölkerung stand sehr stark im Fokus des spanischen Imperiums, das daher starke koloniale Strukturen in Mexiko implementierte. In Argentinien war das Gegenteil der Fall, denn das Land war ressourcenarm und dünn besiedelt, so dass das spanische Imperium weniger Geld und Anstrengungen für die Einführung hierarchischer Kolonialstrukturen aufbrachte. Diese Unterschiede legten den Grundstein dafür, dass sich in Argentinien in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein politisches Regime mit konkurrierenden Parteien entwickelte, während in Mexiko ein autoritäres Regime entstand.

Diese Unterschiede in den Regimetypen, verstärkt durch den unterschiedlichen Einfluss der Arbeiterklassen/Gewerkschaften auf die politischen Entscheidungsprozesse, haben die sozialpolitischen Entscheidungen sowohl in Mexiko als auch in Argentinien geprägt, hat Martin festgestellt. Die argentinische Sozialpolitik war vergleichsweise umfangreich und stratifiziert, während die mexikanische Sozialpolitik eher beschränkt war und Beschäftigte im Staatsdienst privilegierte.

Nach seiner Präsentation erhielt Martín vom Prüfungsausschuss wertvolle Rückmeldungen und Kritik zu seiner Arbeit, die er berücksichtigen wird, bevor er sie bei einem wissenschaftlichen Verlag zur Veröffentlichung einreicht.