Felix Lanver
Felix Lanver
Felix ist Mitglied in Teilprojekt A02 und war bereits in der ersten Förderphase an der Forschung des SFB beteiligt: damals noch als studentischer Mitarbeiter. Schwerpunkt seiner Arbeit wird die Analyse von Arbeitslosenversicherungen weltweit sein.

Lieber Felix, du bist seit Mai 2022 Mitglied des SFB 1342 – wobei: so ganz stimmt das nicht. Denn schon in der ersten Förderphase warst du an der Arbeit des SFB beteiligt und hast sogar schon etwas publiziert. Erzähl doch mal: Was war deine Rolle damals?

Ich war damals studentischer Mitarbeiter in Teilprojekt A02. Eine Aufgabe des Projekts war die Recherche zu Arbeitsunfallprogrammen weltweit, woraus die Global Work-Injury Policy Database entstanden ist, die Nate Breznau und ich erstellt haben.

Ihr habt also für alle Länder der Welt die Gesetzestexte zu Arbeitsunfällen recherchiert?

Ja, wobei es um die jeweils erste Einführung der Programme ging. Das war in einigen Fällen nicht so einfach. Manchmal wurde ein Gesetzt veröffentlicht, aber in der Praxis gar nicht umgesetzt. Wir mussten also in einem zweiten Schritt überprüfen, ob das Gesetz tatsächlich in Kraft getreten oder nur ein Papiertiger war.

Aus der Arbeit ist auch ein Aufsatz in einem Sammelband der SFB-Reihe hervorgegangen.

Richtig, Nate Breznau und ich haben uns mit den Bestimmungsfaktoren der Ersteinführung von Arbeitsunfallgesetzen beschäftigt. Es zeigt sich, dass Staatsgründung (State Formation) die Einführung von Arbeitsunfallabsicherung beschleunigt, was insbesondere für Arbeitsunfallversicherungen gilt. Außerdem spielt Demokratie eine wichtige Rolle, genauso wie Nachbarschaftseffekte.

Es ist nicht selbstverständlich, dass studentische Mitarbeiter:innen so stark in den Forschungsprozess eingebunden sind.

Absolut, das fand ich wirklich toll vom gesamten Team und speziell auch von Nate, dass er mich unter seine Fittiche genommen und dann auch die Möglichkeit gegeben hat, mehr Verantwortung zu übernehmen. Dadurch habe ich Einblicke bekommen, wie der wissenschaftliche Publikationsprozess abläuft: von ersten Workshops, bei denen man sich auf die Methoden verständigt, bis zu den Druckfahnen, wenn der Aufsatz fertig ist.

Hat dich das bestärkt, weiter in der Wissenschaft zu arbeiten?

Sehr sogar. Ich habe gemerkt, wie sehr mir die Wissenschaft gefällt und dass ich daran anknüpfen möchte.

Der Beginn der zweiten Förderphase kam in der Hinsicht zu einem perfekten Zeitpunkt.

Ja, manchmal muss man zum richtigen Zeitpunkt an der richtigen Stelle sein: Ich habe Ende März 2022 mein Masterstudium abgeschlossen, der Übergang zur Stelle im SFB 1342 war also fast nahtlos.

Was hattest du studiert?

Ich war im Double-Degree-Programm “European Labour Studies and Social Policy” – das ist eine Kooperation zwischen der Uni Bremen und der Uni Mailand. Ich war je ein Jahr in Bremen und Mailand. Davor hatte ich in Bremen Integrierte Europastudien studiert. Gegen Ende des Bachelorstudiums hatte ich ein Seminar zu internationaler Sozialpolitik bei Carina Schmitt belegt. Und über Carina kam ich dann an meine Stelle als studentischer Mitarbeiter in A02.

Wie ist denn deine Rolle im aktuellen Teilprojekt A02? Arbeitest du weiter zu Arbeitsunfallprogrammen?

Nein, ich kümmere mich jetzt vor allem um Arbeitslosenversicherung. Meine Aufgabe ist zunächst, Daten zu sammeln und zu kodieren, wobei wir einen größeren Fokus auf Generosität und Abdeckung legen werden. Das Untersuchungsfeld wird bei Weitem nicht so groß sein wie bei den Arbeitsunfallprogrammen, da es wesentlich weniger Länder mit einer Arbeitslosenversicherung gibt. Dafür werden sich sicher ganz eigene Herausforderungen ergeben, z. B. wie man die Daten schließlich kodieren und mit der WeSIS-Datenbank in Einklang bringen wird.

Aber es ist sicher reizvoll, dass ihr in der Phase 2 über die Einführungszeitpunkte hinaus genauer schaut, wie die Systeme ausgestaltet sind.

Absolut! Das muss im zweiten Schritt auch passieren und bringt ganz andere, interessante Aspekte hervor. In der Sozialpolitikforschung arbeitet man oft mit klassischen Kategorisierungen, z.B. den Three Worlds of Welfare, aber was häufig fehlt, sind Fragen und Antworten zu Abdeckung und Generosität der Systeme. Wenn man Sozialpolitik analysieren möchte, aber diese Daten gar nicht hat - was gerade im Globalen Süden der Fall ist, noch viel mehr bei historischen Daten – dann steht man vor einer Research Gap. Und unter dem Gesichtspunkt ist es besonders spannend, jetzt in vorderster Linie daran mitzuarbeiten, diese Lücke zu füllen.

Hast du für deine persönliche Doktorarbeit schon ein Thema?

Ich habe einen groben Plan. Ich möchte mich mit der Pfadabhängigkeit von Sozialversicherungen auseinandersetzen und recherchiere gerade dazu, wie die frühe Einführung von Sozialpolitik Langzeitwirkung hatte auf z.B. Ungleichheit oder political trust. Die andere Frage ist etwas spezifischer: Wie sich Sozialversicherungen von anderen Programmtypen wie z.B. social assistance unterscheiden im Hinblick auf State Building und Politischer Legitimität. Methodisch werde ich wahrscheinlich Makroanalysen betreiben. Abgesehen von den sozialpolitischen Inhalten habe ich großes Interesse, mich vertieft mit Statistik und quantitativen Methoden auseinanderzusetzen.


Kontakt:
Felix Lanver
SFB 1342: Globale Entwicklungsdynamiken von Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 5
28359 Bremen
E-Mail: lanver@uni-bremen.de