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Fälle aus Indien, Nepal und Sierra Leone

Frau Dr. Elena Samonova vom Institut für Geographie der Universität Bremen präsentierte am 28.06.2023 ihre Forschungen zu menschenrechtsbasierten Ansätzen in der Bildungs- und Sozialpolitik.

Anhand ihrer empirischen Feldarbeiten in Indien, Nepal und Sierra Leone zeigte Elena Samonova die Möglichkeiten und Grenzen des Menschenrechtsdiskurses in den Bereich der Sozialpolitik auf. Durch die Festlegung international vereinbarter Normen bieten menschenrechtsbezogene Ansätze eine tragfähigere Grundlage für die Bürgerinnen und Bürger, Ansprüche an ihre Staaten zu stellen und die Staaten in die Pflicht zu nehmen, den Zugang zur Wahrnehmung ihrer sozialen, wirtschaftlichen und politischen Rechte zur Verantwortung zu verbessern.

In ihrem Vortrag argumentierte Elena Samonova, dass die Menschenrechte ein vielstimmiger Diskurs sind, der als polyphones Gebilde verstanden werden sollte, das aus verschiedenen Bedeutungen und Interpretationen besteht. Anhand einer Fallstudie über landwirtschaftliche Zwangsarbeit in Indien und Nepal zeigte sie das Potenzial des Menschenrechtsdiskurses auf, das den Zwangsarbeitern hilft, ihre Handlungsfähigkeit wiederzuerlangen und den Glauben an ihre eigene Menschenwürde wiederherzustellen. Im Kontext struktureller Unterdrückung und systematischer Benachteiligung können sich solche Prozesse positiv auf das Selbstbild auswirken, die Angst, sich der Unterdrückung zu widersetzen, verringern und die in Schuldknechtschaft stehenden Zwangsarbeiter motivieren, ihre Stimme gegen Ungerechtigkeiten zu erheben und nach geeigneten Methoden des Widerstands zu suchen. Es bleibt zwar unklar, ob diese Veränderungen in der Wahrnehmung zur vollständigen Abschaffung der Praxis führen werden, aber dieser Fall hat deutlich gezeigt, dass der Menschenrechtsdiskurs als Instrument zur Stärkung des Widerstands gegen Ungerechtigkeiten an der Basis beitragen kann.

Andererseits zeigte die zweite Fallstudie aus Sierra Leone, dass lokale Interpretationen der Menschenrechte nicht immer ein befreiendes Potenzial haben. Am Beispiel des Rechts auf Bildung argumentierte Elena Samonova, dass der Menschenrechtsdiskurs in Sierra Leone dazu benutzt wird, neoliberale Ansätze in den Bereichen Bildung und Sozialschutz zu rechtfertigen. Darüber hinaus hat ihre Studie die kulturellen und sozialen Spannungen aufgezeigt, die mit einer Berufung auf die Menschenrechte an der Basis verbunden sind. Diese Spannungen hängen mit traditionellen sozialen Hierarchien und einer individualistischen Auslegung der Rechte zusammen, die unter den Menschen in ländlichen Gebieten Sierra Leones weit verbreitet ist und häufig von der Rhetorik der Regierung und großer Geberorganisationen wie der Weltbank unterstützt wird.

Somit wurden das bedeutende Potenzial der Menschenrechte als wirksame Instrumente gegen Armut und Diskriminierung aufgezeigt, aber auch die Herausforderungen herausgearbeitet, die mit der Einführung des Menschenrechtsdiskurses innerhalb der Sozialpolitik verbunden sind.

 

Publikationen

Samonova, Elena. (2022). Human Rights Through the Eyes of Bonded Labourers in India. Journal of Modern Slavery: A Multidisciplinary Exploration of Human Trafficking Solutions, 7(2): 82-96.

Samonova, Elena et al. (2021). “An Empty Bag Cannot Stay Upright: The costs of “free” primary education in Sierra Leone”. International Journal of Educational Development 87: 102500.

Samonova, Elena et al. (2022). Picturing Dangers: Children’s Concepts of Safety and Risks in Rural Sierra Leone. Children and Society 37: 906–924.


Kontakt:
Prof. Dr. Ivo Mossig
SFB 1342: Globale Entwicklungsdynamiken von Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 7
28359 Bremen
Tel.: +49-421-218 67410
E-Mail: mossig@uni-bremen.de

Konferzenzbericht

Nach dem Zweiten Weltkrieg mahnte Winston Churchill: "Never let a good crisis go to waste" und wies damit auf das Potenzial hin, dass jede Krise mit sich bringt. Diese Äußerung Churchills war auch den internationalen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Konferenz "Die Wirtschaftskrise und die Sozialpolitik im 20. Jahrhundert" am 1. und 2. Dezember 2022 bekannt, die von der Projektleitung des Teilprojekts B11, Prof. Delia González de Reufels und Prof. Cornelius Torp, organisiert wurde.

Im Mittelpunkt der Konferenz standen die beiden wichtigsten weltweiten Rezessionsphasen des 20. Jahrhunderts: die Weltwirtschaftskrise der späten 1920er und 1930er Jahre und die krisengeprägte Zeit vom Ölpreisschock Anfang der 1970er Jahre bis zur asiatischen Finanzkrise und den wirtschaftlichen Turbulenzen in Lateinamerika am Ende des Jahrtausends. Von diesen Krisen gingen wichtige Impulse für den sozialen Bereich aus und die Konferenz versuchte, diese Entwicklungen zu beleuchten. Waren wirtschaftliche Schocks jemals wirklich globaler Natur? Inwieweit prägt die Erinnerung an frühere Krisen die Reaktionen auf erneuten wirtschaftlichen Abschwung? Und in welchem Verhältnis stehen diese Krisen zur Sozialpolitik? Diese übergeordneten Fragen prägten die Vorträge und Diskussionen.

In der ersten Vortragsrunde ging es um das Zusammenspiel von Krisen, Ungleichheit und Sozialreformen. Phillip Rehm erläuterte zunächst, wie sich Krisen auf die gesellschaftliche Risikowahrnehmung und die Schaffung des Wohlfahrtsstaates auswirken. Sein Modell verknüpft "Risk flips" während einer Krise mit einer erhöhten Präferenz für Sozialprogramme. Paul Dutton zeigte dann auf, wie Historiker*innen eine neue Perspektive für die Analyse ungleicher Gesundheitsverhältnisse in der Bevölkerung einbringen können, indem sie über die medizinische Versorgung als alleinige Determinante der Gesundheit einer Gesellschaft hinausblicken.

Martin Daunton, Jason Scott Smith und Daniel Béland stellten im zweiten Diskussionspanel ihre Forschungsarbeiten über die Wirtschaftskrise der 1930er Jahre und ihre Folgen in Großbritannien, den Vereinigten Staaten und Kanada vor. Sie konzentrierten sich auf die Straffung des Steuersystems, die Ausgaben für öffentliche Arbeitsprogramme und die unterschiedlichen Auswirkungen der Zentralisierung im Vergleich zum Föderalismus auf die Umsetzung der Sozialpolitik. So gelang es ihnen, die Reaktionen der anglophonen Länder auf die Krise und die von ihnen eingesetzten Instrumente aufzuzeigen.

In der dritten Vortragsrunde erläuterten Klaus Petersen und Ángela Vergara die Entwicklung Dänemarks und Lateinamerikas von der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren bis zu den Ölschocks in den 1970er Jahren und der daraus resultierenden Schuldenkrise in Lateinamerika in den 1980er Jahren. Indem sie sowohl interne als auch externe Einflüsse untersuchten, beleuchteten sie die Diskurse, die es den untersuchten Ländern ermöglichten, verschiedene Formen der Sozialpolitik zu etablieren.

Die Referierenden des vierten Panel der Konferenz beleuchteten die Rolle der beschäftigungspolitischen Reformen in Südkorea und Japan im Vergleich und untersuchten Arbeits- und Sozialpolitik als Reaktion auf die Krise in Australien. Juyoung An forderte dazu auf, der Gewerkschaftsstrategie größere Aufmerksamkeit zu schenken, um die unterschiedlichen sozialpolitischen Ergebnisse zu verstehen, während Gaby Ramia die Besonderheit des australischen "Wohlfahrtsstaates der Lohnempfänger*innen" hervorhob.

Zum Abschluss des ersten Tages der Konferenz stellte Carmelo Mesa-Lago in einem Vortrag seine Erkenntnisse über die Rentenprivatisierung in elf lateinamerikanischen Ländern in den Jahren zwischen 1980 und 2020 vor. Er zeigte auf, dass mit Ausnahme einer erhöhten Kapitalisierung der Pensionsfonds keines der Privatisierungsversprechen - von der Angemessenheit der Maßnahmen und der Einbeziehung vieler Beitragszahlenden bis hin zur Vereinfachung des Systems - erfüllt wurde.

Am zweiten Konferenztag beleuchteten Paolo Mattera, Raquel Varela und Paul Stubbs die Auswirkungen von Wirtschaftskrisen auf die Entwicklung des Wohlfahrtsstaates in den beiden Regionen Südeuropa und Südosteuropa. Die Absicht italienischer politischer Akteure, die heimische Steuerpolitik an den Entscheidungen anderer europäischer Länder auszurichten, das Streben Jugoslawiens nach einem ideologisch unabhängigen Narrativ der Blockfreiheit oder radikale interne Veränderungen wie die Nelkenrevolution in Portugal prägen Entscheidungen im Bereich der Sozialpolitik in den jeweiligen Ländern.

Cecilia Rossel und Andrés Solimano stellten ihre Arbeiten über zwei Länder der Südhalbkugel vor: Uruguay und Chile. Die Bankenkrise in Uruguay zu Beginn des 21. Jahrhunderts führte zu einem grundlegenden Wandel in der Sozialpolitik, um einer Verschiebung der Präferenzen für sozialpolitische Maßnahmen entgegenzuwirken. Die Daten deuten darauf hin, dass diese Finanzkrise dazu führte, die Grundsätze des "Washington Consensus" von 1989 zu überdenken. Andrés Solimanos Arbeit lenkt die Aufmerksamkeit in ähnlicher Weise auf die komplexe Beziehung zwischen der zunehmenden sozioökonomischen Ungleichheit in Lateinamerika in der Zeit der Liberalisierung sowie den Antworten im Bereich der Sozialpolitik andererseits.

Die Entwicklung der Sozialpolitik im Angesicht der Krise in Asien, so der Titel des siebten Panels, wurde am Beispiel Chinas erläutert. Laut Aiqun Hu waren die Reformen für soziale Sicherheit, die die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts prägten, eine Reaktion auf die Beschäftigungskrise im China der 1970er Jahre. Die Analyse zeigt, wie die Auswirkungen einer Wirtschaftskrise im Bereich der Sozialpolitik im besonderen Fall eines Systems der zentralen Planwirtschaft angegangen wurden.

Eine lebhafte Debatte rundete den zweiten Tag und damit die Konferenz ab. Insgesamt unterstrich die Konferenz die Notwendigkeit, das Phänomen "Krise" sowohl auf theoretischer als auch auf empirischer Ebene zu bewerten. Die detaillierte Untersuchung der Auswirkungen von Wirtschaftskrisen auf die Sozialpolitik aus trans- und länderübergreifender sowie historischer Perspektive ist ein wichtiges Unterfangen, das, wie die Teilnehmenden betonten, noch lange nicht abgeschlossen ist. Künftige Arbeiten könnten daher das Feld bereichern, indem beispielsweise afrikanische Länder einbezogen werden. Darüber hinaus sind verschiedene Aspekte wie das Geschlecht und die Kategorien von Arbeit, die beispielsweise zwischen formeller und informeller Arbeit unterscheiden, Faktoren, die mehr Aufmerksamkeit verdienen. Die Konferenz verdeutlichte, dass die Verbindung zwischen Wirtschaftskrisen und Sozialpolitik ein wesentlicher Forschungsbereich ist, der das Potenzial hat, das übergreifende SFB-Thema der globalen Entwicklungsdynamiken von Sozialpolitik zu erhellen.

 


Kontakt:
Prof. Dr. Delia González de Reufels
SFB 1342: Globale Entwicklungsdynamiken von Sozialpolitik, Institut für Geschichtswissenschaft / FB 08
Universitäts-Boulevard 13
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-67200
E-Mail: dgr@uni-bremen.de

Prof. Dr. Cornelius Torp
Dr. Viola Asri (Universität Konstanz), Anna Hochleitner (Universität Nottingham)
Dr. Viola Asri (Universität Konstanz), Anna Hochleitner (Universität Nottingham)
Projekt A02 lud zwei Kolleginnen – Viola Asri and Anna Hochleitner – ein. Sie präsentierten ihre neuesten Forschungsergebnisse, die experimentelle Ansätze nutzen, um drängende Fragen zur Sozial-, Ungleichheits- und Entwicklungspolitik zu beantworten.

Der Teil des A02 Projekts unter Sebastian Fehrler bereitet momentan eine quasi-experimentelle Wirkungsuntersuchung der Sozialrente in Bangladesch vor. Um uns mit anderen Experten zu experimentellen Ansätzen in der Sozialpolitik- und Ungleichheitsforschung im Globalen Süden auszutauschen, luden wir Anna Hochleitner ein – die bald ihre neue Post-Doc Stelle an der Norwegian School of Economics antritt –um ihre neueste Forschung zu dem Effekt von Schocks und relativem Einkommen auf Umverteilungspräferenzen vorzustellen.

Danach präsentierte Viola Asri – kürzlich als Senior Researcher am Christian Michelsen Institut in Bergen berufen – erste Ergebnisse ihres neues Feldexperiment (in Zusammenarbeit mit Ankush Asri und Anke Hoeffler) zu den kausalen Effekten eines Karriere-Erkundungsprogramms für junge Frauen in Schulen in einer nordindischen Stadt.

Beide Präsentationen wurden begleitet von einer angeregten Debatte der Teilnehmer:innen und enthielten viele Denkanstöße für das A02 Projekt des SFB 1342. Wir freuen uns auch auf den zukünftigen Austausch und die Zusammenarbeit mit den beiden Forscherinnen.


Kontakt:
Prof. Dr. Sebastian Fehrler
Das EOC teilt die vielfältig geäußerten Bedenken und Kritik am zwischenzeitlich zurückgezogenen Reformentwurf des BMBF für das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG)

Das Equal Opportunity Committee (EOC) des SFB 1342 teilt die von Seiten des akademischen Mittelbaus und den Arbeitnehmer:innenvertretungen vielfältig geäußerten Bedenken und Kritik am zwischenzeitlich zurückgezogen Reformentwurf des BMBF für das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG). Als Gremium eines großen Drittmittelverbunds hat das EOC satzungsgemäß die Aufgabe, sich mit Fragen der Gleichstellung und Anti-Diskriminierung zu befassen. Wir weisen mit dieser Stellungnahme nachdrücklich auf Probleme und Herausforderungen hin, die mit dem alten wie auch mit der geplanten neuen Fassung des WissZeitVG in Hinblick auf Gleichstellung und Anti-Diskriminierung gerade in drittmittelfinanzierten Forschungsverbünden verbunden sind:

  • Fehlende Gleichstellung von Early Career-Wissenschaftler:innen bei Care Verpflichtungen

Grundsätzlich ist zu begrüßen, dass mit der geplanten Reform auch für Drittmittelbeschäftigte ein Nachholen von Beschäftigungszeiten aufgrund von Elternzeit oder anderen Care-Tätigkeiten angedacht ist. Der Reformvorschlag sieht eine Ausweitung aber nur für die ersten drei Jahre der Post-Doc-Zeit vor. Die Vorschläge sind insgesamt bei weitem nicht ausreichend, um die bestehenden Missstände zu beheben. Erforderlich ist eine generelle Ausweitung auf Drittmittelbeschäftigte. Besonders zu kritisieren ist ferner die Tatsache, dass bei einer freiwilligen Reduktion aufgrund von Care-Verpflichtungen die Zeiten komplett und nicht anteilig angerechnet werden. Beispiel: Wer seine befristete Stelle aufgrund von Care-Verpflichtungen für ein Jahr auf 50% reduziert, bekommt für seine maximale Beschäftigungsdauer trotzdem das komplette Jahr angerechnet und nicht ein halbes Jahr, was fair gegenüber Personen ohne Care-Verpflichtungen wäre. Eine Reduktion aufgrund von Care-Verpflichtungen wird somit zum erheblichen Nachteil.

  • Intransparente und inkonsistente Auslegung

Das WissZeitVG ist sehr kompliziert. Mangelnde Transparenz sowie unterschiedliche Auslegungen an verschiedenen Hochschulstandorten aber auch innerhalb einer Universität stellen ein großes Problem dar. In der Regel ist nicht klar, welche Zeiträume als Qualifikationszeiten bereits angerechnet wurden. Die Karriereplanung ist dadurch hochgradig unsicher. Es kostet unnötig viel Zeit und Energie, für verschiedene Szenarien jeweils einen Plan B oder C zu entwickeln.

  • Intersektionale Benachteiligungen internationaler Wissenschaftler:innen

Internationale Early Career-Wissenschaftler:innen sehen sich zudem mit der Schwierigkeit konfrontiert, dass belastbare Informationen oftmals nicht in englischer Sprache vorliegen. Sich in einer fremden Sprache mit der komplexen Thematik zu befassen, bedeutet ein zusätzlicher Zeitverlust. Für Personen, die keinen EU-Pass haben, erhöht sich der ohnehin schon große bürokratische Zusatzaufwand nochmals. Zusammen mit den alltäglichen Diskriminierungen, denen sich ausländische Personen in Deutschland leider nach wie vor konfrontiert sehen, entstehen intersektionale Benachteiligungen verschiedenster Art. Nicht nur ein SFB sollte ein sehr großes Interesse daran haben, weltweit Wissenschaftler:innen zu gewinnen. Daher sollte ein WissZeitVG nicht dazu beitragen, dass sich die Herausforderungen internationaler Wissenschaftler:innen weiter multiplizieren.

  • Verbaute Zukunftsperspektiven innerhalb des Forschungsverbunds

Post-Docs, die aufgrund ihrer Leistungen einen SFB oder andere Forschungsverbünde in einer nachfolgenden Antragsphase als Projektleiter:innen (Principal Investigator (PI)) mitverantworten, brauchen dazu in der Regel eine Landesstelle, und zwar über die komplette Laufzeit der Förderphase. Dies sind in einem SFB vier Jahre. Ein solcher, auch für den Forschungsverbund oftmals ausgesprochen gewinnbringender Karriereweg, wird durch die geplante Neufassung des WissZeitVG nahezu unmöglich gemacht. Das Beispiel des SFB 1342 zeigt, dass es mehrheitlich Frauen sind, die als Post-Docs ein Teilprojekt als PI mitverantworten.

  • Benachteiligung von Personen, die in Deutschland wissenschaftlich gearbeitet haben

Es existiert eine Ungleichbehandlung bei der Anrechnung von Qualifikationsphasen, die in Deutschland stattfanden, gegenüber den absolvierten Zeiten im Ausland, da letztere in der Regel nicht angerechnet werden. Wer seine wissenschaftliche Karriere nur in Deutschland verfolgt hat, ist gegenüber Personen mit beruflichen Stationen im Ausland deutlich im Nachteil. Dies betrifft dann erneut insbesondere Personen mit Care-Verpflichtungen, die räumlich bei weitem nicht so flexibel sind wie Personen ohne Care-Verpflichtungen. 

Kontakt:
Gleichstellungsgremium: eoc-crc1342@uni-bremen.de

Eine Gruppe von Forscherinnen des SFB 1342 und der BIGSSS nahm an einem zweitägigen Workshop von Dr. Saskia Schottelius zum Thema "The Art of Self-Presenting for Female Scientists" teil.

Thema des Workshops waren verschiedene Aspekte der Selbstwahrnehmung, des Selbstbewusstseins und der Selbstdarstellung.

Eine Gruppe von Forscherinnen des SFB 1342 und der BIGSSS nahm an einem zweitägigen Workshop von Dr. Saskia Schottelius zum Thema "The Art of Self-Presenting for Female Scientists" teil. Thema des Workshops waren verschiedene Aspekte der Selbstwahrnehmung, des Selbstbewusstseins und der Selbstdarstellung, wobei der Schwerpunkt auf den Herausforderungen lag, mit denen Frauen in akademischen Einrichtungen konfrontiert sind, die traditionell von Männern dominiert werden. Durch theoretische Inputs, praktische Übungen und Peer-to-Peer-Coaching konnten die Teilnehmerinnen über ihre eigenen Stärken und Ziele nachdenken und gleichzeitig von der Zusammenarbeit und Ermutigung durch die Gruppe profitieren. Die zahlreichen Themen, die im Workshop vorgestellt, diskutiert und in Übungen getestet wurden, sollten kontinuierlich weiterhin in der Praxis umgesetzt werden. Die Teilnehmerinnen waren sich einig, dass der Workshop für den weiteren akademischen Weg von großem Vorteil ist.


Kontakt:
Dr. Anna Wolkenhauer
SFB 1342: Globale Entwicklungsdynamiken von Sozialpolitik, Institut für Interkulturelle und Internationale Studien
Mary-Somerville-Straße 7
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-57099
E-Mail: anna.wolkenhauer@uni-bremen.de

Mitglieder des projekteigenen Expert*innennetzwerks GIST
Mitglieder des projekteigenen Expert*innennetzwerks GIST
Am 5. und 6. Mai veranstaltete das Projekt B01 einen Workshop an der Universität Bremen.

Mit dabei waren Mitglieder des projekteigenen Expert*innennetzwerks GIST (Group Inclusion and Social Policies over Time), einer internationalen Gruppe von Sozialpolitikwissenschaftler*innen aus Südkorea, China, Kenia, Südafrika, Marokko, Iran, Uruguay, Mexiko, USA, Australien, Russland und Schweden.

Ein zentrales Anliegen des Projekts ist es, die zeitliche Abfolge der Inklusion in Sozialsicherungssysteme in 20 Ländern der Welt zu vergleichen. Das Projekt zielt darauf ab, die nationalen Rechtsvorschriften zur sozialen Sicherheit zu untersuchen, um zu identifizieren, welche Gruppen in welcher zeitlichen Abfolge von diesen sozialen Sicherungssystemen erfasst wurden. Zweck des Workshops war es, aus der vergleichenden Analyse von Gruppenkonstruktionen (in Gesetzen zur Alters-, Hinterbliebenen- und Arbeitslosenversicherung) Schlussfolgerungen zu ziehen, um die Legitimationsmuster für die Einbeziehung und den Ausschluss von Gruppen zu untersuchen. Darüber hinaus plante das Netzwerk seine Publikationsstrategie und legte die nächsten Schritte für zukünftige Projekte und Kooperationen fest.


Kontakt:
Dr. Johanna Kuhlmann
SFB 1342: Globale Entwicklungsdynamiken von Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 7
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-58574
E-Mail: johanna.kuhlmann@uni-bremen.de

@ Pixabay (RosZie)
@ Pixabay (RosZie)
Im Rahmen des A07-Projekts "Globale Entwicklungsdynamiken in der Langzeitpflegepolitik" will das Team um Heinz Rothgang und Simone Leiber innovative Forschung zu Langzeitpflegesystemen im internationalen Vergleich durchführen.

Ein besonderer Aspekt des A07-Projekts ist die Anwendung von Fallstudien im Sinne exemplarischer Schablonen, um die Inklusivität verschiedener Leistungssysteme in einer ausgewählten Stichprobe von Ländern zu untersuchen. Ziel ist es, die Stärke der Gesetzgebung und die Relevanz verschiedener Faktoren, die die Anspruchsberechtigung beeinflussen, mit besonderem Augenmerk auf Pflegebedarf, kognitive Einschränkungen und sozioökonomische Bedingungen zu identifizieren und zu bewerten. Um die Umsetzung zu diskutieren und die Variablen und Anspruchsvoraussetzungen auszuwählen, die in die Fallstudien aufgenommen werden sollen, organisiert das A07-Team zwei Workshops mit einer Gruppe renommierter internationaler Experten mit umfassenden Kenntnissen zum Thema Langzeitpflege, die sich bereit erklärt haben, das Team während des gesamten Prozesses zu unterstützen und zu beraten.

Die Verwendung von Fallstudien ermöglicht es, die Details und die Komplexität von realen Szenarien mit den variablen Modifikationen von Modellen zu kombinieren, was wiederum die Möglichkeit bietet, die Relevanz einer einzelnen Variable zu bewerten. Während diese Methode hauptsächlich zur Interpretation von individuellen Urteilen, Überzeugungen und beabsichtigtem Verhalten eingesetzt wird, verfolgt das Team A07 einen anderen Ansatz, indem es die Methode für den Einsatz im Bereich der Sozialpolitik profiliert, wo Fallstudien noch zu wenig genutzt werden. In dieser Anwendung stellen die Fallstudien verschiedene sorgfältig konstruierte Profile von Pflegebedürftigen durch konstruierte Beschreibungen dar, die verschiedene Aspekte der Pflegebedürftigkeit, der wirtschaftlichen Situation, der familiären Verfassung und der Lebensumstände umfassen. Die Fallstudien, die durch die symmetrische und orthogonale Kombination der ausgewählten Variablen aus diesen Bereichen entstanden sind, werden dann mittels eines Fragebogens einer Gruppe von Befragten mit fundierten Kenntnissen der einzelnen Pflegesysteme zur Beurteilung der Anspruchsberechtigung vorgelegt, um zu bewerten, welche Leistungen den verschiedenen Profilen in jedem Land gewährt werden könnten. Vor dem Hintergrund des Ziels des A07-Projekts, das dem Demenzrisiko in der Langzeitpflege besondere Aufmerksamkeit schenkt, wird auch die Rolle des Syndroms bei der Gewährung des potenziellen Zugangs zu den Leistungssystemen einer genauen Prüfung unterzogen werden.

Die Ergebnisse werden anschließend quantitativ analysiert, um Zusammenhänge zwischen spezifischen Bedingungen und der Aufnahme in die Zielpopulation für bestimmte Arten von Leistungen zu ermitteln.

Das erste und eher informelle Treffen fand am Donnerstag, dem 23. März 2023, statt. Es führte zu einer spannenden Diskussion über die Methodik und die Aspekte und Faktoren, die berücksichtigt werden müssen, um die Anwendung der Methode praktikabel zu gestalten und gleichzeitig den inhärenten Kompromiss zwischen Tiefe und Fallkomplexität, den die Verwendung von Fallstudien erfordert, auszugleichen. Aufbauend auf den Rückmeldungen des ersten Treffens plant das A07-Team, einen Entwurf für die verschiedenen Fallstudien und den Fragebogen zur Datenerhebung zu erstellen. Das zweite Treffen mit den beratenden Experten findet am 24. Mai 2023 statt und wird sich auf die Überprüfung und Verfeinerung der entworfenen Fallstudien konzentrieren, bevor der Fragebogen fertiggestellt wird.


Kontakt:
Prof. Dr. Simone Leiber
SFB 1342: Globale Entwicklungsdynamiken von Sozialpolitik, Fakultät für Bildungswissenschaften
Universitätsstraße 2
45141 Essen
Tel.: +49 201 183-2319
E-Mail: simone.leiber@uni-due.de

Prof. Dr. Heinz Rothgang
SFB 1342: Globale Entwicklungsdynamiken von Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 3
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-58557
E-Mail: rothgang@uni-bremen.de

One of Italy‘s long-term care experts, Dr. Giovanni Lamura, who leads the Centre for Socio-Economic Research on Ageing (https://www.inrca.it/zz?uMH9) within the National Institute of Health and Science on Ageing (INRCA IRCCS), had exciting news to deliver

The main factors that made this much needed reform possible included the COVID-19 pandemic, post-pandemic resilience plans funded by the EU, the leadership of the previous government under Draghi, as well as the joint lobbying efforts of a large civil society coalition together with a group of long-term care experts. The coalition comprises almost 60 organisations including care providers, trade unions, employer associations, religious organisations, and the most expert academics in the field, including Lamura himself. Strongly supported by the bottom-up process initiated by this coalition, the framework law will allow for the creation of legislative decrees which in turn can implement its core elements via more detailed acts.

The elements of the framework law cover several aspects of long-term care for older people. The proposal made by the coalition to establish long-term care as a distinct sector of the welfare state was not included in the framework law, but one of the main elements of Italian long-term care will be significantly changed: The care allowance (indennità di accompagnamento) will see its first major overhaul since its creation in the 1980s. It will be replaced by a Universal Benefit which for the first time will foresee different levels of care needs. This will also require a standardisation of the assessment system, which so far had been characterised by wide regional differences in terms of practical implementation. The Universal Benefit will be granted either in the form of monetary transfers, or in-kind services. The latter could also include privately hired home-based care workers – half of which are currently employed in undeclared form – and thus facilitate regular contractual conditions. Other plans to integrate these home-based care workers (mostly female migrant workers) into the long-term care system foresee harmonised training paths and standards, as well as the reorganisation of existing contributions and tax reliefs for families who employ these care workers.

Other elements of the reform address the requalification of residential care, the horizontal fragmentation of the current system via an inter-ministerial committee, the vertical coordination of different governance levels, as well as improved support structures for family carers. Finally, the framework law also promotes active ageing and thereby follows a holistic and preventative approach to long-term care.

Whilst Dr. Lamura pointed to the difficulties on funding for the envisaged changes in long-term care – a policy field that is often subjugated to healthcare – he did underline the enormous step that was taken with this framework law. He is hopeful that the effective lobbying efforts of the civil society coalition that formed in this process will continue to positively impact the reform of long-term care for older people in the upcoming years.

To learn more about the pact for a new welfare in long-term care for older people, visit (only in Italian): https://www.pattononautosufficienza.it/.

Text: Marlene Seiffarth

 

Marlene war in der ersten Förderphase Mitglied des SFB 1342 und hat in ihrer Arbeit untersucht, welche und wie staatliche und kollektive Akteure den Institutionalisierungsprozess des italienischen Migrant-in-the-Family Pflegemodells prägen.

Am 21. März hat das ehemalige SFB-Mitglied Marlene erfolgreich ihre Doktorarbeit verteidigt, welche auf ihrer Forschung während der ersten Förderphase des SFB 1342 im Projekt B07 „Transnationale Dienstleistungserbringung in der Langzeitpflege zwischen West- und Osteuropa“ basiert [https://www.socialpolicydynamics.de/projekte/abgeschlossene-teilprojekte/teilprojekt-b07-2018-21-]. Ihre kumulative Dissertation besteht aus drei Artikeln, die bereits in peer-reviewed Journals erschienen sind (siehe Links unten).

 

Ihre kumulative Dissertation mit dem Titel „Die Aufrechterhaltung des Migrant-in-the-Family Pflegemodells in Italien“ besteht aus drei Erstveröffentlichungen, die alle in peer-reviewed Journals erschienen sind (siehe Links unten). In einer farbenfrohen und anregenden Präsentation stellte sie die Beiträge ihrer Arbeiten sowohl für akademische als auch für politische Diskussionen vor. Alle Arbeiten belegen, dass ein Pflegemodell aufrechterhalten wird, das auf globalen Ungleichheiten beruht und diese reproduziert. Diese Ungleichheiten manifestieren sich in unzureichenden Arbeitsbedingungen für die fast eine Million (meist weiblichen) Arbeitsmigrant:innen in der häuslichen Pflege, die hauptsächlich aus osteuropäischen Ländern (63%) und Ländern des globalen Südens (37%) stammen. Obwohl die informelle Beschäftigung (ohne Vertrag und ohne Anmeldung bei der Sozialversicherung) in der Pflegemigration weit verbreitet ist, ging der Anteil der informellen Beschäftigung von 90% im Jahr 1995 auf 52% im Jahr 2021 zurück. Ein wichtiger Faktor in diesem Formalisierungsprozess in Italien sind die Bemühungen der Sozialpartner – Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände – die in Abwesenheit von politischen Regelungen und veralteten Rechtsvorschriften mithilfe von Tarifverträgen unhintergehbare Standards für den Hausangestelltensektor geschaffen haben. Des Weiteren bieten sie durch administrative und rechtliche Unterstützungsangebote für ihre Mitglieder ein günstiges Umfeld für Formalisierung.

 

Weitere Ergebnisse von Marlenes Forschung finden sich in ihren Veröffentlichungen:

Seiffarth, M. (2023) Collective bargaining in domestic work and its contribution to regulation and formalization in Italy, International Labour Review, Accepted Author Manuscript, https://doi.org/10.1111/ilr.12382

Seiffarth, M. (2022) Potenziale für „gute Arbeit“ im Privathaushalt? Regulierung und Interessenvertretung migrantischer Pflegekräfte in Italien, WSI Mitteilungen 75(5), 386-393, https://www.wsi.de/de/wsi-mitteilungen-regulierung-interessenvertretung-migrantischer-pflegekraefte-in-italien-43650.htm.

Seiffarth, M & Aureli, G. (2022) Social Innovation in Home-Based Eldercare: Strengths and Shortcomings of Integrating Migrant Care Workers into Long-Term Care in Tuscany,
Int. J. Environ. Res. Public Health, Vol. 19 (17), 10602; https://doi.org/10.3390/ijerph191710602

Seiffarth, M. (2021) Crisis as Catalyst? Romanian Migrant Care Workers in Italian Home-Based Care Arrangements, Sociológia - Slovak Sociological Review, Vol. 53 (5), 502-520; https://doi.org/10.31577/sociologia.2021.53.5.19

 

Dr. Lorraine Frisina-Doetter (SOCIUM und CRC 1342) war als Berichterstatterin für die WHO/Europa beim allerersten Regionalforum zum Thema “Health in the Well-Being Economy” am 1./2. März 2023 in der UN-Stadt in Copenhagen vor Ort.

Aufbauend auf die wachsende Sensibilisierung für die Wichtigkeit der Gesundheit für die Well-Being Economy zeigte das Forum auf, wie Länder heute bereits Investitionen, Ausgaben und Ressourcen in diesem Sinne umverteilen.

Das Forum befasste sich mit Aktionen, die angesichts der verketteten Herausforderungen des Klimawandels, des Ukraine-Kriegs, der COVID-19- Pandemie und der Krise der Lebenshaltungskosten künftig unternommen werden müssen. All diese Probleme stellen eine extreme Belastung für die Gesundheits-, Versorgungs- und Wohlfahrtssysteme dar, was zu weiteren gesundheitlichen Ungleichheiten in der gesamten Region führt.

Das Ereignis brachte hochrangige VertreterInnen aus Gesundheits-, Finanz- und Wirtschaftsministerien zusammen mit RegierungsberaterInnen aus den Bereichen Erholung, Resilienz und nachhaltiger Enwicklungspolitik, EntscheidungsträgerInnen aus dem Gesundheitswesen, und VertreterInnen der nationalen und internationalen Banken, Nichtregierungsorganisationen, sowie Institutionen der Vereinten Nationen und der Europäischen Union.

Zu den HauptrednerInnen gehörten Dr Hans Henri P. Kluge, Regionaldirektor der WHO für Europa; Katrin Jakobsdóttir, Ministerpräsidentin Islands; Professor Mario Monti, ehem. Ministerpräsident Italiens und EU-Kommissar; sowie Professor Sir Michael Marmot, Direktor des Instituts für gesundheitliche Chancengleichheit (Institute of Health Equity) am University College London.


Kontakt:
Dr. Lorraine Frisina Doetter
SFB 1342: Globale Entwicklungsdynamiken von Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 3
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-58561
E-Mail: frisina@uni-bremen.de

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