In einem dreitägigen SFB/ERC-Workshop erörtern internationale Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler den Einfluss der Politik und Strukturen europäischer Kolonialmächte auf die Entwicklung sozialer Sicherung im Globalen Süden.

In ihrer Keynote zum Auftakt des Workshops "Colonialism and Social Protection" am 26. September sprach Gurminder Bhambra von der University of Sussex über die Varianten des europäischen Kolonialismus, der zu Beginn vor allem von Handelsinteressen geprägt gewesen sei. Ab Mitte des 17. Jahrhunderts stand die Ausweitung des beherrschten Territoriums im Vordergrund. Der Wohlstand der europäischen Nationalstaaten – damals wie heute - basiere auf dem Kolonialismus, sagt Bhambra, der bis heute die Wurzel globaler Ungleichheiten sei. Bezogen auf die Kolonialmächte hält sie den Begriff Nationalstaat für unpassend, imperiale Staaten bzw. koloniale Empire seien treffender.

Bastian Becker vom SOCIUM erläuterte in einem Vortrag, warum ein akteurszentrierter Forschungsansatz wichtige Erkenntnisse liefern kann. Schließlich sei der Kolonialismus durch verschiedenste Akteure auf verschiedenen Ebenen beeinflusst worden (sowohl innerhalb der Kolonien als auch auf transnationaler Ebene).

Michele Mioni vom SOCIUM erläuterte den Einfluss Großbritanniens und Frankreichs sowie Internationaler Organisationen auf die Sozialpolitik in den (ehemaligen) Kolonien nach 1945. Mioni sagte, die Kolonialmächte und die IOs (ILO und UN) hätten zwar unterschiedliche sozialpolitische Auffassungen vertreten, es sei aber auch zu Kooperationen gekommen.

Jessica Lynne Pearson vom Macalester College skizzierte die koloniale Gesundheitspolitik. Die ersten Public-Health-Programme seien Massenimpfungen und Mutter-Kind-Programme gewesen. Generell habe der Schwerpunkt kolonialer Gesundheitspolitik auf der Prävention gelegen.

Marlous van Waijenburg von der Harvard Business School analysierte die Fiskalpolitk der Kolonialmächte. Ein Ziel sei gewesen, die Kosten sozialpolitischer Programme in den Kolonien durch lokal erhobene Steuern zu decken. Das Ergebnis sei eine große Bandbreite unterschiedlicher Besteuerungssysteme innerhalb der Kolonialstaaten gewesen, typisch aber sei eine Besteuerung der Arbeitskraft gewesen (bis hin zu Zwangsarbeit).

Der Workshop "Colonialism and Social Protection", organisiert von Carina Schmitt, geht am 2. Oktober in die zweite Runde und endet mit einer dritten Sitzung am 9. Oktober.


Kontakt:
Prof. Dr. Carina Schmitt
Feldkirchenstraße 21
96045 Bamberg
Tel.: 0951-863 2734
E-Mail: carina.schmitt@uni-bamberg.de