Teilprojekt B01 (2022-25)
Mechanismen der Verbreitung von Sozialpolitik: Ideelle Inklusionsdynamiken und die politische Legitimation von Leistungsbezieher*innengruppen
Welche Gruppen wurden in die Systeme der sozialen Sicherung einbezogen und wer wurde ausgegrenzt? In welcher zeitlichen Abfolge? Wie werden diese Ein- und Ausschlussprozesse begründet? Und inwieweit lassen sich diese Prozesse durch den transnationalen Austausch von Ideen erklären? Das Teilprojekt B01 untersucht die ideellen Dynamiken der Inklusion und Exklusion sozialer Gruppen in den Systemen der sozialen Sicherung. Solche Gruppen werden nicht von Sozialwissenschaftlern vordefiniert oder bestimmt, sie sind in politischen Prozessen entstanden und wurden in öffentlichen Debatten legitimiert. In der sozialpolitischen Gesetzgebung finden sich weltweit eine Vielzahl von Gruppenkonstruktionen sowie viele übereinstimmende Begriffe (z. B. Arbeiter, Beamte, Landwirte, Alleinerziehende, Selbstständige, Angestellte, Beschäftigte in Unternehmen mit mehr als zehn Beschäftigten, Wohnbevölkerung). Die Dynamik der Eingliederung beruht auf bestimmten Personenkategorien, die als neue Begünstigte in ein bereits bestehendes Programm aufgenommen werden, oder auf neuen sozialpolitischen Programmen, die auf bestimmte Gruppen ausgerichtet sind.
Die politische Zuweisung sozialer Rechte erfolgt in Gesetzen und anderen Rechtsdokumenten, die Einforderung des Anspruchs auf bestimmte Sozialleistungen in Parteiprogrammen, Kampagnen von Interessengruppen und in öffentlichen Debatten. Wir gehen davon aus, dass der Gedankenaustausch zwischen Ländern und/oder zwischen Ländern und Internationalen Organisationen ein wichtiger Faktor zur Erklärung sowohl von Gruppenkonstruktionen als auch von Legitimationsstrategien ist.
Teilprojekt B01 untersucht die zeitliche Abfolge von Gruppenkonstruktionen, einschließlich der Ähnlichkeiten und Unterschiede zwischen den Gruppenkonstruktionen in bestimmten Ländern, die Legitimationsmuster, die historisch entwickelt wurden, um die Einbeziehung oder den Ausschluss bestimmter Gruppen zu rechtfertigen, sowie die kausalen Mechanismen, die bei der Festlegung von Gruppenkonstruktionen und der Verbreitung von Legitimationsmustern wirken. Die Forschungsfragen werden in einer international vergleichenden Perspektive am Beispiel der öffentlichen Absicherung gegen die Risiken von Arbeitslosigkeit und Alter unter besonderer Berücksichtigung des horizontalen und vertikalen Ideenaustauschs untersucht. Das Projekt verbindet die Analyse von Gruppenkonstruktionen und historischen Inklusionsverläufen in 20 Ländern, die nach dem Prinzip der größten Fallvielfalt ausgewählt wurden, mit detaillierten Fallstudien zu den sie bestimmenden Legitimationsmustern und Kausalmechanismen in acht Ländern sowie der ILO.