Teilprojekt A03 (2022-25)
Welten der Arbeit: Inklusivität und Leistungsumfang von Arbeitsrecht
Teilprojekt A03 untersucht weltweit historisch (1880 bis 2022) die Ausweitung von Arbeitsverhältnisstandards, die mit legal segmentation zulasten bestimmter Personengruppen einhergeht und dadurch Inklusivität und Leistungsumfang einschränkt. Arbeitsverhältnisnormen beinhalten nicht nur Schutz, sondern auch fremdbestimmte Statusabstufung zwischen abhängig Beschäftigten. Entsprechend schützt insbesondere das Standard Employment Relationship (SER) zwar insider, lässt aber outsider relativ ungeschützt. Der in Phase 1 erfolgte Aufbau der Datenbank Worlds of Labour (WoL) als Teil von WeSIS erlaubt es erstmals, die der legal segmentation zu Grunde liegenden Funktionen (standard-setting (S), privileging (P) und equalising (E)) und daraus abgeleitete SPE-Regulierungstypen im Zeitverlauf zu bestimmen. In Phase 2 kann daher eine historisch gerichtete weltweite quantitative und qualitative Auswertung arbeitsrechtlicher Normbestände hinsichtlich ihrer Inklusivität und ihres Leistungsumfangs stattfinden. Sie wird ergänzt durch rechtsanalytische Norminterpretation und sozialwissenschaftliche Umsetzungsforschung. Dabei stützen wir uns auf theoretische Annahmen des historischen Institutionalismus und betonen Pfadabhängigkeiten bzw. Rupturen im Rahmen nationaler Entwicklung und internationaler Verflechtungen.
Forschungsleitende Annahmen sind dabei: Globale horizontale und vertikale Verflechtungen haben die SPE-Typen des Globalen Nordens, einschließlich segmentierender Muster wie des SER, im Globalen Süden verbreitet. Dies kann insbesondere entlang (post-)kolonialer Pfadabhängigkeiten beobachtet werden und geht mit spezifischen Ausprägungen der Segmentation einher. Die De-facto-Umsetzung im Globalen Süden ist einerseits beeinflusst durch nationale Einflüsse wie das jeweilige arbeitsrechtliche Regulierungsregime, die Ausstattung der Fabrikinspektion, die Strategien von Regierungen, Gewerkschaften und NGOs vor Ort, sowie andererseits durch internationale Faktoren wie die Strategien multinationaler Unternehmen, beeinflusst durch Beschäftigungsregime ihrer Stammländer, internationale Organisationen oder Abkommen.
Wir untersuchen die Entwicklung von De-jure- und De-facto-Inklusivität und -Leistungsumfang des Arbeitsrechts in drei Arbeitsschwerpunkten. Erstens werden ungleichzeitige weltweite Verbreitungsmuster segmentierender und egalisierender Arbeitsverhältnisgestaltungen im Zeitverlauf nachgewiesen und erklärt; ihr komplexes Verhältnis wird mit juristisch-interpretativen Mitteln vertieft. Erklärt werden zweitens in qualitativ-rechtshistorischer Tiefenbohrung die kolonialen und postkolonialen Gemeinsamkeiten und Spezifika der Muster arbeitsverhältnisbezogener legal segmentation; dabei werden auch deren Folgen für formelle und informelle Beschäftigung identifiziert. Drittens werden sozialwissenschaftlich De-facto-Inklusivität und -Leistungsumfang rechtlicher Normen in drei Ländern des Globalen Südens mittels vergleichender Fallstudien zu Produktionsclustern der Automobilproduktion untersucht (Indien, Südafrika, Mexiko). Analysiert wird, ob und wie verschiedene nationale SPE-Regulierungsmuster die Verbreitung von SERs, prekärer Beschäftigung und Informalität entlang der regionalen Wertschöpfungskette bestimmen, und welchen Einfluss multinationale Unternehmen und weitere nationale und internationalen Einflussfaktoren auf die Umsetzung des jeweiligen Arbeitsrechts nehmen.