Heime und Pflegedienste sind in hohem Maße von der Pandemie betroffen. Knapp die Hälfte der Dienst berichtet, dass die ambulante Versorgung Pflegebedürftiger gefährdet sei.

Ein neunköpfiges Team aus dem Institut für Public Health und Pflegeforschung (IPP) und dem SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik haben unter Leitung von Karin Wolf-Ostermann und SFB-Mitglied Heinz Rothgang eine bundesweite Online-Befragung in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen durchgeführt. Von 701 Pflegediensten, 96 teilstationären und 824 stationären Einrichtungen liegen nunmehr Daten vor.

Pflegeheime sind demnach ebenso wie Pflegedienste von COVID-19-Fällen sowohl bei Mitarbeitenden als auch bei den Pflegebedürftigen im hohen Maße betroffen. Bezogen auf Daten des Robert-Koch-Instituts für den 5. Mai 2020 entfallen mehr als 60 Prozent der Todesfälle bundesweit auf Bewohner*innen von Pflegeheimen (49 Prozent) oder auf Klient*innen ambulanter Pflegedienste (12 Prozent) – ihr Anteil an allen Infizierten beträgt zusammen lediglich 8,5 Prozent. Bemerkenswert ist, dass 80 Prozent aller Pflegeheime keine bestätigten COVID-19-Fälle zu verzeichnen hatten. Die Fälle konzentrieren sich also auf wenige Einrichtungen, die dann aber in der Regel stark betroffen sind.

Fast jedes fünfte Pflegeheim und jeder zehnte ambulante Pflegedienst sind von Erkrankungsfällen bei Mitarbeitenden betroffen. Der Anteil der Erkrankten ist unter den Mitarbeiter*innen in Pflegeheimen sechsmal so hoch wie in der Normalbevölkerung, unter den Mitarbeiter*innen in ambulanten Pflegediensten doppelt so hoch.

Von einem Corona-bedingten Personalausfall von bis zu 10 Prozent berichten etwa die Hälfte aller Pflegedienste und mehr als zwei Drittel aller Pflegeheime. Bei einem Sechstel der Pflegeheime liegt der Personalausfall sogar bei mehr als 10 Prozent. Engpässe in Bezug auf persönliche Schutzausrüstungen für Mitarbeitende oder Flächendesinfektionsmittel waren ursprünglich sehr groß. Inzwischen hat sich die Lage etwas entspannt, allerdings klagt immer noch jeder vierte Pflegedienst und jedes sechste Pflegeheim über zu wenig Schutzausrüstung.

Bislang standen vor allem Pflegeheime im Fokus der medialen Berichterstattung. Allerdings berichtet knapp die Hälfte aller ambulanten Dienste, dass die Versorgung von bislang versorgten Pflegebedürftigen gefährdet, instabil oder sogar nicht sichergestellt ist. "Dass so wenig Aufmerksamkeit auf die häusliche Pflege gerichtet wird, ist angesichts dessen besorgniserregend", heißt es in dem Ergebnisbericht.

Aus der Befragung ergibt sich aus Sicht des Forschungsteams folgendes: Um die Versorgungssicherheit gewährleisten zu können, muss den Forderungen der Pflegedienste und stationäre Einrichtungen nachgekommen werden. Dazu gehören bundesweite und praktikable Handlungsempfehlungen, eine dauerhafte ausreichende Bereitstellung von Schutz- und Desinfektionsmitteln, die systematische und regelmäßige Testung von Bewohnerinnen und Bewohnern sowie Personal, sowie eine bessere Vergütung der Pflegekräfte und eine bessere Personalausstattung.

Den gesamten Ergebnisbericht zur Befragung von Pflegeeinrichtungen während der Corona-Pandemie können Sie hier herunterladen.


Kontakt:
Prof. Dr. Heinz Rothgang
SFB 1342: Globale Entwicklungsdynamiken von Sozialpolitik
Mary-Somerville-Straße 3
28359 Bremen
Tel.: +49 421 218-58557
E-Mail: rothgang@uni-bremen.de